"Excellence muss von der Führungsetage vorgelebt und eingefordert werden"
02.09.2014
Blog-Interview zur Buch-Neuerscheinung "Das beste Anderssein ist Bessersein: Die Geheimnisse echter Service-Excellence" mit den Autoren Sabine Hübner und Carsten K. Rath
Sabine Hübner ist die „Service-Expertin Nr. 1 in Deutschland“ (Pro 7). Wenn in den Chefetagen großer Konzerne oder des Mittelstandes das Schlagwort „Servicekultur“ steht ihr Name ganz oben auf jeder Liste der Spezialisten. Ihren reichen Erfahrungsschatz als Unternehmerin in einer hochtechnisierten Branche im B2B-Sektor verbindet sie seit 15 Jahre Jahren gekonnt mit ihrer Fachexpertise in der Managementberatung. Nationale und internationale Unternehmen vertrauen auf ihre Lösungsstrategien.
Der Unternehmer
Carsten K. Rath ist Leadership-und Service-Excellence-Experte. Als Grand Hotelier hat er auf 4 Kontinenten in Führungspositionen erfolgreich Grand-Hotels auf den Markteintritt vorbereitet, z.B. das Kempinski Taschen-Bergpalais, das Berliner Hotel Adlon, das Kempinski London oder die zur Ritz-Carlton Gruppe gehörenden Luxushotels auf Jamaika, in Sharm-el-Sheikh und Naples. Er etablierte Leadership-und Service-Excellence-Standards, die ihresgleichen suchen. Carsten K. Rath ist Gründer und CEO der
Kameha Hotels & Resorts und gefragter Hochschuldozent.
text-ur: Frau Hübner, Herr Rath, Sie postulieren in Ihrem Buch direkt zu Beginn, dass exzellenter Service sich in 10 Bereichen, an 10 Stellschrauben niederschlägt. Betrachtet man diese 10 Parameter von Philosophie über Führung, Bildung, Partizipation bis Kundenloyalität: Wie sollen Unternehmen es denn schaffen, in all diesen Bereichen Excellence zu erreichen? Ist dieser Anspruch realistisch? Wie unterstützen Sie dabei im Rahmen Ihrer beraterischen Tätigkeit?
Sabine Hübner: Der Anspruch ist realistisch, er ist nur kein schneller Mitnahmeeffekt und lässt sich nicht in einem Atemzug umsetzen.
Wir analysieren im ersten Schritt sehr genau: Welche Stellschrauben müssen in welcher Priorität nachgezogen werden? Wo gibt es „low hanging fruits?“ Welche sind die wichtigsten Baustellen? Und welche davon sollten zuerst angegangen werden?
Zusammen mit unseren Kunden erarbeiten wir Strategien, die langfristig angelegt sind, und führen keine halsbrecherischen Hauruck-Aktionen durch. Danach begleiten wir den Prozess immer – wir verstehen uns als Unternehmensbegleiter.
Faktisch bietet ein Unternehmen wie Amazon einen fantastischen Kunden-Service – und dafür wurde es in Ihrer Service-Excellence-Studie auch hervorgehoben – und doch ist es in den Rankings extrem abgefallen, die komplette Unternehmenskultur sowie das unternehmerische Gebaren stehen von allen Seiten in der Kritik. Jeff Bezos scheint das nicht zu kümmern. Wie würden Sie an seiner Stelle vorgehen?
Carsten K. Rath: Es gibt Unternehmen wie Facebook oder Apple, die nicht darauf ausgerichtet sind, allen zu gefallen. Sie geben dem Kunden eine Richtung vor und nicht andersherum.
Solange der Erfolg dieser Vorgehensweise Recht gibt – Herzlichen Glückwunsch! Bleibt er aber aus, sollte schnellstens ein Umdenken einsetzten.
In Ihrem Beispiel wird vor allem der Umgang mit den Mitarbeitern kritisiert, und genau da setzen wir an. Mitarbeiterzufriedenheit kommt immer vor Kundenbegeisterung, denn das eine bedingt das andere und auch umgekehrt.
Die Lust auf Leistung ist ein zutiefst menschliches Lebensprinzip. Warum wissen in vielen Unternehmen die Mitarbeiter aber immer erst nach 17.30, wie das Leben geht? Sie arbeiten bis 17.30 Uhr, um danach Excellence zu leben und zu erleben. Wie können Unternehmen aber konkret „Lust auf Exzellenz, auf exzellente Leistung und exzellenten Service“, auf echte Service-Excellence machen – das ist ja leicht gefordert, aber schwierig gemacht… oder?
Carsten K. Rath: So schwierig ist das gar nicht. Voraussetzung ist, dass Excellence von der Führungsetage vorgelebt und dann auch eingefordert wird. Kein Mitarbeiter wird nur eine Minute seiner Freizeit opfern, wenn der Chef der Letzte ist, der das Büro betritt, und der Erste, der es verlässt. Oder ein anderes Beispiel: Welcher Mitarbeiter wird sich noch aktiv um die Lösung eines großen Problems bemühen, wenn dieses als Selbstverständlichkeit abgetan wird.
Sie kennen doch das Sprichwort: „Wie es in den Wald hinein schallt, so schallt es auch heraus“. Kremple ich als Chef auch selbst die Ärmel hoch und arbeite aktiv mit, wird sich der Mitarbeiter gern an die Seite stellen und dasselbe tun. Wertschätzung, Anerkennung, Partizipation sind hier keine Zauberwörter, sondern Programm für Excellence!
Excellence fängt bei den richtigen Mitarbeitern an. Sie bemängeln im Buch – sicher meist zu Recht -, dass Recruiting in Unternehmen deutlich verbessert werden – und dass die „Haltung“ des Bewerbers „hervorgekitzelt“ werden muss. Was sind Ihre Vorschläge?
Sabine Hübner: Unser erster Tipp: Gehen Sie ungewöhnliche Wege, gehen Sie weg vom typischen Vorstellungsgespräch. Ungewöhnlich heißt hier aber nicht: absurd.
Eine Rafting-Tour, um zu sehen, ob der Bewerber Durchhaltevermögen und Mut zum Risiko hat, schießt über das Ziel hinaus. Vielmehr kommt es darauf an, hinter die Fassade zu schauen: Was sind die Ambitionen für die Bewerbung? Welche Hingabe an die Aufgabe lässt sich durch seine Antworten im Gespräch erahnen? Welches Talent hat er? Wofür begeistert er sich? Wie zufrieden ist der Bewerber grundsätzlich mit sich und seinem Leben?
Achten Sie auf die feinen Nuancen im „Nebenbei“. All diese Aspekte sagen viel mehr über einen Bewerber als seine vielleicht exzellenten Noten.
Verbessert werden kann nur, was auch gemessen werden kann. Doch wie wirkt Erfolgsmessung auf Service-Excellence? Welche sind die Messpunkte – und wo wird Erfolgsmessung widersinnig?
Carsten K. Rath: Widersinnig sind Messungen, die nur oberflächliche Dinge ermitteln. Auf die Frage „Hat Ihnen der Kaffee geschmeckt?“ werden wahrscheinlich 80 von 100 Leuten mit Ja antworten. Und nun, was fangen Sie mit diesem Wissen an? Nichts vermutlich. Es müssen die richtigen Dinge gemessen werden, sonst richtet sich ein Unternehmen falsch aus. es geht um die Verbindung von Qualität, Quantität und Individualität. Die aussagekräftigsten Ergebnisse liefert die Messung am konkreten Fall und nicht die abstrakte Messung an der Branche. Kundenloyalität lässt sich hervorragend an der Wiederkaufquote oder Empfehlungen messen. Es gibt den sogenannten NPS-Index (Net Promoter Score). Mit diesem lassen sich unter anderem die Weiterempfehlungsquote oder auch die Mitarbeiterzufriedenheit messen. Er kann aber auch gut als Stimmungsbarometer eingesetzt werden. Und dabei geht es um die einfache Frage: „Würden Sie uns weiterempfehlen?“ Leicht durchzuführen, leicht verständliche Ergebnisse, die anschaulich weitergegeben werden können und in vielen Bereichen einsetzbar sind.
Frau Hübner, Herr Rath - das müssen wir als an Markenführung Interessierte fragen: Sie haben das bisher gelbe Erscheinungsbild der Marke richtigrichtig.com teilweise auf Rot umgestellt. Welche Überlegung verbirgt sich dahinter?
Sabine Hübner: Gut beobachtet! Gelb ist unsere Unternehmensfarbe. Das Farbkonzept unseres Corporate Designs sieht aber für unterschiedliche Themenbereiche weitere Farben vor, um Klarheit und Struktur zu erhalten.
Die Farbe Rot steht für unser Leistungsspektrum. Diesem Gedanken der Struktur folgend, ist die Farbe des Buches, wie Sie es auch hier sehen, diesem Farbwert angepasst.
Sabine Hübner, Carsten K. Rath, Dr. Christiane Gierke