text-ur text- und relations agentur

"Verbinden Sie Ihren Lerninhalt mit einem persönlichen Erlebnis"

21.04.2016

text-ur im Gespräch mit Trainer Edwin Lemke

Europa, Asien, Australien, Neuseeland, Nord- und Südamerika – der weltweit gebuchte Trainer Edwin Lemke weiß, wie man Seminarteilnehmer für sich gewinnen kann. In seinem Buch "Inspire Your Audience" stellt er Methoden und Praktiken vor, wie Trainer und Führungskräfte ihre Veranstaltungen, Vorträge und Trainings spannend, informativ und effektiv gestalten können. Er stützt sich dabei vor allem auf das 4 MAT-Modell von Bildungsexpertin Bernice McCarthy, welches dazu dient, Inhalte aus Vorträgen strukturiert und leicht verständlich dem Publikum näher zu bringen.

Im Interview mit text-ur erklärt Edwin Lemke, wie eine perfekte Vorbereitung aussieht, um "das Publikum zu inspirieren". Besonders im Blick hat er dabei das "Storytelling", welches im Management-Bereich inzwischen nicht mehr wegzudenken ist. Wie erzählt man eine gute Story? Und welche Informationen sind dabei wichtig?

 

Edwin Lemke, Trainer und Berater

Der Trainer Edwin Lemke hält weltweit seit vielen Jahren Trainings und Workshops für international aufgestellte mittelständische Unternehmen und Konzerne der Branchen IT und Kommunikation, Weiterbildung und Beratung, Food, Maschinenbau, Verkehr und Logistik sowie Automobil/Automotive. Wertschätzung, Aufmerksamkeit und Respekt im Umgang miteinander sind stets sein großes Thema. Seine Trainings und Train-the-Trainer-Weiterbildungen zeichnen sich entsprechend durch eine Lernatmosphäre des gegenseitigen Respekts und der Wertschätzung aus. An der University of Applied Sciences Offenburg lehrt er sein Kernthema „Appreciation“. Edwin Lemke ist außerdem weltweit der erste Trainer, der andere Weiterbildner zum „Trainer in Business (AHK)“ zertifizieren darf.

 

Herr Lemke, „Inspire your Audience“ heißt Ihr neuestes Buch – und sein Publikum zu inspirieren und mitzunehmen auf eine Lern-Reise ist sicher kein leichtes Unterfangen. Sie selbst sind weltweit gebucht, haben daher den globalen Vergleich: Gibt es Strategien und Ideen, die weltweit funktionieren und das Publikum mitnehmen?

Edwin Lemke: Ja, die gibt es. Erst einmal wichtig für den Einstieg: Gern etwas Persönliches „teilen“. In manchen Ländern liegt das Interesse beim Partnerschafts-Status oder bei der Ausbildung, und von den eigenen Kindern zu erzählen kommt immer gut. Das funktioniert auch weiterhin während des Trainings: Immer mal wieder eine persönliche Erfahrung einzustreuen weckt Interesse! Und natürlich werden Fehler insgesamt „kleiner“ und akzeptabler, wenn ich von meinen Problem-Erfahrungen berichte, wenn ich mich also als natürlich und nicht perfekt darstelle.
Außerdem: Persönliches Feedback hören immer alle gern. Das heißt, ich achte darauf, ein Verhalten deutlich zu benennen und die positive Wirkung auf mich oder auf Andere zu beschreiben. Beispiel: „Hach toll, dass Sie sich so weit nach vorne setzen und so nah zu mir kommen, da freu ich mich, wenn sich jemand gleich zu mir traut.“ Oder: „Ihr Lächeln ist mir gleich aufgefallen, da hab ich gleich Lust, mit Ihnen weiter zusammenzuarbeiten“…
Um Teilnehmer zu inspirieren funktionieren attraktive Ziele, und da vor allem, was den Teilnehmern persönlich attraktiv erscheint. Beispie: „Wenn Sie dies erfolgreich machen – haben Sie das und das – können Sie auf dies und jenes zählen…“
Schließlich gilt immer: die Teilnehmerinnen mitmachen lassen. Murmelgruppen, Checklisten und Abstimmungen gehen immer, Aktivierung nach der Mittagspause und Gruppenarbeit generell auch.

Welche interkulturellen Unterschiede haben Sie dennoch festgestellt?

Edwin Lemke: Hierzu brauche ich generell spezielle Informationen, sonst bleibt es durchaus bei Klischees: Franzosen tauschen sich gern über Essen aus, Deutsche über Effektivität. Auf den Philippinen weckt Manny Pacquiao grundsätzlich Interesse. In Malaysia sind auch kleine Scherze und Spiele immer willkommen – über die in Deutschland bestimmt nicht gelacht wird, weil sie zu albern sind. Ich erinnere mich an das Wiederholen des wichtigen Inhalts im Chor – was für den deutschen Trainer nicht „erwachsenengemäß“ war. Also in diesen Fällen hilft es immer, genau aufzupassen, wie die Gruppe von sich aus agiert.

Die Idee zu „Inspire your Audience“ entwickelte sich aus den vielen Train-the-Trainer-Seminaren, die Sie weltweit geben. Sind künftige Trainerinnen und Trainer, die Sie ja ausbilden, nicht sowieso eine besonders aufmerksame Klientel, die schon beste Voraussetzungen für Inspiration mitbringt?

Edwin Lemke: Ja, angehende Trainer genießen es, ein lebendiges „Modell“ der zu lernenden Inhalte vor sich zu haben und lassen sich gern darauf ein, weil sie generell für Neues offen sind – und weil sie gern lernen, das Gelernte auch wieder anzuwenden.

Anders gefragt: Welche Kompetenzen braucht eine Trainerin, ein Trainer oder ein Vortragender?

Edwin Lemke: Offenheit für Neues. Damit meine ich nicht nur die Offenheit, das Neue auszuprobieren, was ich mir vorher genau überlegt habe, – eine neue Übung oder eine neue Methode, etwas, was ich noch nie vorher gemacht habe und von dem ich glaube, dass es funktioniert und meinen Vortrag oder mein Training besser macht. Es geht vor allem um die Offenheit, darauf zu reagieren, was mir in der Situation von meinen Kommunikationspartnern geboten wird. Im Vortrag reagiere ich auf die Reaktionen des Publikums und lasse eventuell etwas aus oder führe etwas genauer aus oder erlaube mir einen Scherz mehr – im Training bekomme ich Feedback zu meinen vorbereiteten Übungen, bekomme Antworten auf meine Fragen – und erfahre noch viel genauer inhaltlich etwas Neues, worauf ich reagieren muss. Hierbei spreche ich also von vorher nicht bekannten Antworten, von Arbeitsergebnissen und auch neu gestellten Fragen der Teilnehmerinnen, auf die ich jeweils flexibel eingehen und reagieren muss. Aber das ist ja das Tolle für mich als Trainer: Es wird nie langweilig. Im Gegenteil, es ist super spannend, weil ich immer wieder neu mit unbekannten Persönlichkeiten zusammen arbeite. Übrigens: Hierbei helfen auch ein wenig Informationen zum Konstruktivismus – also sehr verkürzt gesagt, das Bewusstsein zu haben, dass wir alle eine unterschiedliche Geschichte und eine unterschiedliche Wahrnehmung haben, dass sich jeder Mensch seine eigene Wirklichkeit kreiert. Und dass ich – auch als „wissender“ Trainer – nicht weiß, welche Vorerfahrungen meine Teilnehmer haben und was sie verstehen. Dieses Bewusstsein hilft, wirkliche Fragen zu stellen, deren Antwort ich nicht wissen kann, – etwa: „Was war für Sie das Wichtigste? Wie wollen Sie das Erlernte umsetzen?“ usw.

Die Angst, vor Publikum eine Rede zu halten und sich zu blamieren rangiert einer Umfrage nach angeblich noch vor der Angst vor dem Tod. Welche 3 bis 5 Tipps geben Sie Führungskräften oder Mitarbeitern mit auf den Weg, die vor der Belegschaft, im Meeting, vor Kollegen eine Rede halten müssen oder diese besonders überzeugen/begeistern wollen?

Edwin Lemke: Vorweg immer: be prepared. Nicht nur den Text aufschreiben, sondern auch sprechen, vor dem Spiegel und ins Aufnahmegerät des Smartphones und vor einem Zuhörer. Das gibt sehr viel Sicherheit. Ebenso, wie den Raum vorher kennen zu lernen. Bei der Struktur empfehle ich immer das 4MAT-Modell zu befolgen – also die Fragen Warum? – Was? – Wie? – Was wenn? zu beantworten. Nicht unbedingt in der Reihenfolge, aber bitte alle vier Fragen. Und zum Ende einen eindeutigen Call for Action vorbereitet zu haben.
Soweit die Sach-Vorbereitung. Für das persönliche Wohlergehen empfehle ich: Alles tun, um sich gut vorzubereiten. Genügend schlafen, essen (leicht und gut verdaulich, eine Stunde vorher), trinken (und vorher „wegbringen“), angemessene Lieblingskleidung tragen (kurz vorher kontrollieren) – und während der Rede sich die Personen als Augenkontakt suchen, von denen ich weiß, dass sie mir wohlgesonnen sind. Oder die, die mir positiv lächelnd kurz vorher aufgefallen sind.

Oft stehen Führungskräfte, aber auch Mitarbeiter in Unternehmen vor der Herausforderung, dass sie Kollegen strukturiert durch einen (Lern-)Prozess führen müssen, beispielsweise, wenn eine neue Strategie besprochen, ein größeres Projekt gestartet oder die Grundlagen für den Umgang mit einer neuen Technologie gelegt werden sollen. Sie nutzen dafür häufig das 4MAT-System. Was zeichnet dieses aus?

Edwin Lemke: Erstens: Ich rechne dann damit, alle beziehungsweise fast alle Interessen am Thema anzusprechen. Es geht ja um die Fragen, die ich eben angesprochen habe: Warum? – Was? – Wie? – Was wenn? Manche Lerner legen ihren Schwerpunkt auf eine andere Frage als andere. Zweitens: Besonders bei technischen Trainings werden oft schwerpunktmäßig die Was?- oder die Wie?-Frage „beantwortet“ und in erster Linie die Vorgehensweisen erklärt. Dabei wird jedoch oft die Warum-Frage vernachlässigt, und die Gründe für ein Vorgehen werden nicht genannt. Dabei ist besonders im Change-Management wichtig, den Lernenden deutlich zu machen, warum sie einen neuen Prozess umsetzen müssen, obwohl der alte doch auch funktioniert hat. Drittens hilft mir diese Struktur, mich selbst zu kontrollieren: Wenn ich als Trainer oder Vortragender oder auch als Verkäufer von nur einem Gesichtspunkt beeindruckt bin oder mir von meiner Persönlichkeit her ein Aspekt besonders wichtig ist, werde ich durch das „Durcharbeiten“ der vier Fragen immer „geführt“, auch die anderen Aspekte zu berücksichtigen.

Um Aufmerksamkeit zu gewinnen und damit die Zuhörer den folgenden „Lernstoff“ erstmal in der eigenen Lebens- oder Berufserfahrung verorten können, ist Storytelling heute eine probate Methode – das Wort taucht überall in der Management-Literatur auf. Doch die wenigsten geben Hilfestellung, wie denn nun gute Storys zu erzählen sind. Sie haben in „Inspire your Audience“ vier klare Kategorien eingeführt: Report, Erklärung, Pitch und Drama. Geben Sie uns doch bitte zu jeder eine kurze Erläuterung.

Edwin Lemke: Eine allgemeine Antwort, um eine gute Story zu erzählen: Verbinden Sie Ihren Lerninhalt mit einem persönlichen Erlebnis, erzählen Sie von einer persönlichen Betroffenheit. Gerade in Deutschland haben wir oft die Vorstellung, dass wir nur „Zahlen, Daten, Fakten“ benötigen – aber für das Lernen stimmt das natürlich nicht; nicht nur, dass wir interessierter zuhören, sondern wir merken uns auch die Informationen besser. Lernen funktioniert über Gefühle, wir müssen emotional eingebunden sein. Und das sind wir natürlich eher, wenn uns der Trainer etwas von sich erzählt. Wobei natürlich grundlegende Lernprinzipien immer berücksichtigt werden müssen – vom Leichten zum Schweren, vom Bekannten zum Unbekannten …
In der Trainingspraxis habe ich festgestellt, dass es für den Report und die Erklärung vor allem auf die Berücksichtigung der Fragen Warum? – Was? – Wie? – Was wenn? ankommt. Beim Report einfach nacheinander, bei der Erklärung möglichst mit einem Erkenntnisgewinn von Info zu Info, von Stufe zu Stufe. Beim Pitch und beim Drama fällt es einfacher, persönliche Erlebnisse einzubauen; beim Pitch geht es um ein Problem des neuen Lerninhalts, dass mich einmal aus meiner Komfortzone brachte, beim Drama sogar um ein Erlebnis, das mich wirklich „in´s Unglück“ stürzte. In der Regel haben Trainer ja auch ihre persönlichen Erinnerungen mit dem Lerninhalt, und sie müssen sich „nur“ zutrauen, auch von ihren eigenen Problemen mit dem Thema zu erzählen. Oft ist dies eine große Herausforderung für die erfahrenen Trainer – und es lohnt sich auf jeden Fall. Das bezeugen die Feedbacks der Teilnehmer.

Gerade kommen Sie aus Manila zurück, wo Sie eine einzigartige Train-the-Trainer-Ausbildung in Zusammenarbeit mit der Deutschen Außenhandelskammer abgeschlossen haben. Wohin führt Sie Ihr nächster Auftrag als Trainer und Berater?

Edwin Lemke: Auch meine nächsten Schritte führen wieder nach Südostasien. Zum einen werde ich bei einem Trainingscenter die Trainer nach einem modularen Konzept weiter trainieren, in dem sie besonders die Möglichkeit haben, von mir in Coachingphasen neben dem Präsenztraining persönlich für ihre Präsentationen und bei ihren Trainingsplanungen beraten zu werden. Zum anderen werden die deutschen Ausbildertrainings neben den Philippinen beispielsweise auch in Malaysia oder in Thailand eingeführt. Hier gilt es, besonders auf die länderspezifischen Gegebenheiten einzugehen. Allgemein wird in diesen Ländern viel Wert auf eine wertschätzende Kommunikation gelegt, da habe ich sehr empfängliche Lerner. Hingegen liegt die große Herausforderung darin, überhaupt Fragen in die Ausbildungs- und Lernsituation einzubauen. Aber das Tolle ist: Letztendlich genießen es auch die Menschen mit diesen kulturellen anderen Erfahrungen, miteinander zu kommunizieren und miteinander zu arbeiten und zu lernen.

 

           Edwin Lemke: Inspire Your Audience Menschen in Veranstaltungen, Trainings, Vorträgen und Präsentationen begeistern.
BoD – Books on Demand, Norderstedt.
ISBN: 978-3-7386-1159-5
19,90 Euro

 

 

Edwin Lemke, Inspire Your Audience, Training by Understanding, Trainer in Business, begeisternde Vorträge

 

 

 

zurück

Blog

Der Blog aus Weiterbildung & HR, Marketing & Vertrieb, Corporate Publishing & Persönlichkeitsmarketing der text-ur agentur Dr. Gierke

News

Aktuelle Pressemeldungen, Pressefotos & News von Klienten der text-ur agentur Dr. Gierke


Alle Pressemeldungen und News anzeigen