text-ur text- und relations agentur

text-ur im Interview mit dem Verhandlungsberater Urs Altmannsberger

26.07.2016

"Mindestens 1 Prozent geht immer!", so lautet die Devise des Autors und Verhandlungsberaters Urs Altmannsberger. In seinem kürzlich erschienenen Buch "Profitabler Einkauf - Wie Sie als Einkäufer garantiert das beste Angebot verhandeln" zeigt der Experte für Verhandlungsführung sehr anschaulich und anhand zahlreicher Beispiele, wie ein Verhandlungsgespräch erfolgreich geführt wird. Sein Ansatz: "Hartnäckig auf das Ziel zu, aber immer fair bleiben". Wir von text-ur wollten mehr über das erfolgreiche und faire Verhandeln à la Altmannsberger wissen und haben mit dem Autor gesprochen.

 

Dr. Christiane Gierke: Professionelle Verhandlungen, insbesondere auch Einkaufs- oder Preisverhandlungen haftet oft der Ruch des „Feilschens“, des „Über-den-Tisch-ziehens“ an. Was sagen Sie als Verhandlungstrainer und Experte für Verhandlungsführung dazu?

Urs Altmannsberger: Zunächst grundsätzlich zu „Über-den-Tisch-Ziehen“: Das ist unprofessionell und kurzfristig gedacht. Und zum Feilschen – also gegenseitig in kleinen Schritten aufeinander zugehen: Solange eine Vertragspartei noch eine bessere Alternative hat, ist Feilschen weder nötig noch sinnvoll. Aus meiner Sicht ist Feilschen ein Zeichen der Schwäche und steht erst zum Ende einer Verhandlung auf dem Plan – wenn überhaupt. Denn dem Feilschen gegenüber stehen viele professionelle Verhandlungs-Werkzeuge.
Das vorherrschende Ziel des Einkäufers ist es, das maximal mögliche heraus zu holen. Also das heraus zu holen, womit der Andere gerade noch einverstanden ist. Überschreiten wir diese Linie, wird die Gegenseite ihrerseits versuchen, durch Tricks den Auftrag wieder in den akzeptablen Bereich zu ziehen. Wenn dann beide Seiten nur darauf aus sind, den anderen hinters Licht zu führen, ist die Verhandlung zum Scheitern verurteilt.

Dr. Christiane Gierke: Sie trainieren sowohl Einkäufer auf die Tricks der Verkäufer als auch – gemeinsam mit dem renommierten Verkaufstrainer Tim Taxis – Verkäufer in Ihrer Seminarreihe „Dem ´Gegner´ in die Karten schauen. Wie lässt sich das ethisch vereinbaren – und was konkret geschieht da?

Urs Altmannsberger: Entscheidend ist das Partnerschaftliche, sich also von Tricks zu entfernen und das Ziel beider Seiten vor Augen zu haben. Die besten Ergebnisse erzielen Verhandelnde, wenn Sie stets für die andere Seite mitdenken. Ich glaube an die Win-win-Lösung – also dasjenige Verhandlungsergebnis anzupeilen, das sowohl dem Einkauf als auch dem Verkauf zu 100 Prozent alle Ziele erfüllt. Der Begriff Win-win wird nur leider inflationär verwendet und oft falsch interpretiert. Win-win bedeutet nicht, dass beide Seiten vom Ziel ablassen und den Schmerz gerecht verteilt tragen. Nein, Win-win ist, wenn beide alles erreichen – ohne Abstriche. Dass dies möglich ist, bestätigen meine Erfahrungen.

Dr. Christiane Gierke: Herr Altmannsberger, Ihr Motto als Trainer für Einkäufer und Einkaufsabteilungen lautet: „Mindestens 1 Prozent geht immer!“ Irgendwann im Verhandlungsprozess muss aber doch Schluss sein mit immer noch einem Prozent mehr, oder etwa nicht?

Urs Altmannsberger: Wenn der Einkauf professionell und zielgerichtet geplant ran geht, ist immer was möglich. Klar gibt es auch mal einen Lieferanten, der aufgrund seiner Machtposition „Nein“ sagt. Dann hat er erst mal gewonnen. Aber glauben Sie mir: Dieser Lieferant hat damit auch meine absolute Aufmerksamkeit gewonnen. Und ich werde einen Weg finden. Bei einem Kunden haben wir beispielsweise über fünf Jahresgespräche pro Jahr geführt und kamen immer noch weiter. Sprich: Wir hatten einen festen Vertrag für ein Jahr und haben dennoch mehr als viermal denselben wieder angefasst, nochmal optimiert und nochmal und nochmal ... Mein persönlicher Anspruch ist ein partnerschaftliches Vorgehen: Hartnäckig auf das Ziel zu, aber immer fair bleiben.

Dr. Christiane Gierke: Es scheint ja in allen professionellen Verhandlungen eine Mauer zu existieren – ein Punkt, von dem aus nichts mehr möglich respektive eine Weiterverhandlung nicht sinnvoll erscheinen. Sie haben genau für diese Situationen so genannt Mauerbrecher gefunden. Was hat es damit auf sich?

Urs Altmannsberger: Mit wenigen Worten gesagt: Mauerbrecher ermöglichen dem Einkäufer zu unterscheiden, ob der Verkäufer blufft oder die Wahrheit sagt. In einer Verhandlung kommt der Verkäufer in der Regel nach einigem Hin und Her zu der Aussage: „Da geht nichts mehr!“ kommen. In der Regel der Fälle enden hier die Verhandlungen. Das ist aber schade, denn meistens geht eben doch noch was. Wir erinnern uns: „Mindestens 1 Prozent geht immer!“.
Beispiel: Verkäufer Urs Ehrlich hat von seinem Geschäftsführer die Freigabe, bis auf 100 Euro runter zu gehen. Er sagt bei 100 dann auch wahrheitsgetreu: „Da geht nichts mehr.“ Verkäufer Matz Poker dagegen sagt bereits bei 120 Euro „Da geht nichts mehr“. Wenn jetzt die von mir entwickelte Mauerbrecherfrage gestellt wird und der Verkäufer damit in ein vermeintliches Scheitern-Szenario gerät, passiert bei Beiden unterschiedliches: Urs Ehrlich zuckt mit den Schultern? Wenn 100 nicht reicht, kann er nicht mehr weiter helfen. Sein Chef wird aber auch nicht böse auf ihn sein, weil dieser ja selbst die Grenze gesetzt hat. Matz Poker dagegen wird unruhig, gar panisch. Wenn er seinem Chef sagen muss, dass er aufgrund seines zu hohen Pokerns den Kunden verloren hat, gibt es Ärger!
Um die unterschiedlichen Denkprozesse hinter der Stirn des Verkäufers zu erkennen, gebe ich in meinem Buch „Profitabler Einkauf“ eine Analysetabelle an die Hand. Der Einkäufer wird damit klar erkennen, ob die Mauer echt ist oder ob es sich nur um eine Gummimauer handelt.

Dr. Christiane Gierke: In professionellen Preis- bzw. Einkaufsverhandlungen gilt das Ausloten der situativen Schmerzgrenze als eines der schwierigsten Unterfangen. Sie beschreiben die Suche nach dem besten Preis als ein AMA, das sich aus der Schnittmenge zwischen SAMA und MAMA ergibt. Können Sie das erläutern?

Urs Altmannsberger: AMA ist die Preisliche Schnittmenge zwischen der Vorstellung, die der Einkauf UND der Verkauf haben. Will der Einkäufer maximal 110 zahlen, der Verkäufer minimal 100 erreichen, so ergibt sich ein Areal möglicher Abschlüsse (AMA) zwischen 100 und 110. SAMA und MAMA unterscheidet dann noch nach SEIN und MEIN Areal. Also „bis 110“ und „minimal 100“. Der absolute Profi im Einkauf wird versuchen, die 100 zu erreichen. Also die unterste Grenze SEINES Areals SAMA. Um da hin zu kommen, sind mehrere Faktoren wichtig: eine einmalige Planung sowie Training, ein zielgerichteter Start, eine ausgeklügelte Fragetechnik sowie der Einsatz der Mauerbrecher und Wissen aus der Reaktionspsychologie.

Dr. Christiane Gierke: Für die Elite der Einkaufsleiter und Verkaufsleiter bieten Sie die strategischen Verhandlertage an, wo sich Top-Verhandler mehrmals im Jahr zum Informationsaustausch treffen. Wie müssen wir uns das vorstellen… wie ein Geheimclub? Was können denn Verhandelnde auf diesem Niveau überhaupt austauschen, ohne gleich „Geheimnisverrat“ zu begehen oder ihre Strategien und damit vielleicht auch Schwächen offenzulegen?

Urs Altmannsberger: Es ist tatsächlich vertraulich, was dort besprochen wird und völlig legal. Jeder Verhandler mit Erfahrung hat schon viele Klippen umschifft oder gestreift. Dabei hat er umfangreiche Erfahrungen gesammelt. Die Verhandlertage, die aus den früheren Verhandlerzirkeln entstanden sind, sind ein unfassbarer Erfahrungspool, und jeder der daran teilhat, greift auf diesen Pool zu. Ein unglaublicher Vorteil und sehr effektiv! Nehmen wir an, Sie bekommen die Aufgabe, den Fahrzeugpool von Kauf auf Leasing umzustellen. Da sind dann garantiert einige Verhandler dabei, die das schon durchgeführt haben und Sie mit Tipps und Infos versorgen können. So sparen Sie sich mühsame, leidvolle Selbsterkenntnis.
Worauf wir achten, ist, dass wir keine Wettbewerber sowie Vorgesetzte und Mitarbeiter in einem Treffen haben. So können vertraulich und ohne Wettbewerber genau die Engpässe beseitigt werden, die den Teilnehmern das Leben beziehungsweise das Arbeiten schwer machen.
 

 

Urs Altmannsberger, Verhandlungsberater

Urs Altmannsberger ist Trainer, Coach und Verhandlungsberater für Einkäufer. Mit seiner Expertise für professionelles Verhandeln bringt er den Einkauf in Unternehmen strategisch voran und begleitet die Firmen dabei, anstehende Verhandlungen ergebnisorientiert zu verbessern, Konditionstitel zu entwickeln und die Beteiligten dafür fit zu machen. Zuvor war Urs Altmannsberger über viele Jahre selbst als Einkaufsleiter in mittelständischen und großen Unternehmen tätig. In dieser Zeit hat er ein weltweites Lieferantennetz auf- und ausgebaut – und konnte so seine Begabung als Top-Verhandler einsetzen und immer wieder unter Beweis stellen.

 

Urs Altmannsberger: Profitabler Einkauf. Wie Sie als
Einkäufer garantiert das beste Angebot verhandeln
Gabal, Offenbach 2016
ISBN: 978-3-86936-706-4
19,90 Euro

Zu bestellen bei Amazon: http://amzn.to/1VfKONz,
http://amzn.to/1XG5E6D (Kindle Edition)

 
Mehr Informationen finden Sie unter:

http://www.altmannsberger-verhandlungstraining.de/

 

 

Urs Altmannsberger, Profitabler Einkauf, Verhandlungsberater, Verhandlung, AMA, Altmannsberger Verhandlungsführung
 

zurück

Blog

Der Blog aus Weiterbildung & HR, Marketing & Vertrieb, Corporate Publishing & Persönlichkeitsmarketing der text-ur agentur Dr. Gierke

News

Aktuelle Pressemeldungen, Pressefotos & News von Klienten der text-ur agentur Dr. Gierke


Alle Pressemeldungen und News anzeigen